Dienstag, 26. Februar 2013

Barfuß in Manhattan

Barfuß in Manhattan - Mein ökologisch korrektes Abenteuer heißt das Buch, das ich zuletzt las.
Geschrieben von Colin Beavan, der ein Jahr lang versucht hat, mitten in New York City so gut es geht klimaneutral zu leben; als No Impact Man sozusagen. Aufgeteilt hat er das Jahr, oder sein Projekt, bei dem übrigens auch seine ganze Familie, d.h. seine Frau, Tochter (ich glaube, zwei Jahre alt) und Hund mitgemacht haben (oder mitmachen mussten...), in mehrere Phasen, in denen er sich nach und nach immer mehr Dinge auferlegt hat: Erst kein Müll mehr produzieren, dann die klimaneutrale Fortbewegung, dann die klimaneutrale Ernährung und dann ging's zu guter Letzt um die Strom- und Wasserversorgung.

So ökologischer Kram interessiert mich ja sowieso und als ich im Klappentext las "ohne übertriebenen Missionierungseifer" (Das mag ich nämlich gar nicht leiden, aber es ist schwer Bücher über diese Thematik zu finden, von denen man nicht den Eindruck hat, sie wollen einen zu einem anderen Dasein bekehren, da sie nur ihre Art und Weise für die einzig richtige halten.) und "extrem komisch", war das Buch so gut wie ausgeliehen (obwohl ich mir geschworen hatte, mir nichts mehr aus der Bibliothek mitzunehmen, bis ich nicht die Bücher hier zu Hause aus dem Bücherregal gelesen hätte).
Aber zum Glück liest sich nicht alles so mühselig langsam wie die Brüder Karamasow und so war ich blitzschnell durch, weil's nämlich wirklich sehr gut und unterhaltsam geschrieben ist.

Ganz ohne Missionierungseifer kam Herr Beavan dann doch nicht aus, aber das ist wohl der Natur der Thematik zu verschulden. Immer wieder ist er in philosophische Gedanken abgeschweift, aber ich denke, dass kann nicht vermieden werden. Bei dem Versuch, die Dinge umzusetzen, die Herr Beavan geplant hatte, musste er viel über sein Konsumverhalten nachdenken; über seine Lebensweise; darüber, wie die amerikanische Wirtschaft funktioniert; darüber, dass ihm ständig eingeredet wird, er müsste mehr und mehr kaufen, das neuste Handy, das neuste Auto oder auch nur die neusten Klamotten; dann landete er z.B. bei Studien der new economics foundation zum Happy Planet Index und musste feststellen, dass die Leute in den Länder, mit den höchsten Brutto-Inlandsprodukten und der höchsten Lebenserwartung komischerweise nicht die glücklichsten und zufriedensten sind. Letztendlich fragte er sich, was ist unser "Fortschritt" dann wert, wenn wir mehr und mehr arbeiten, um uns tollere Dinge zu leisten und unsere Wirtschaft wachsen zu lassen, und keine Zeit für andere Dinge haben; für Dinge, die eben glücklich und zufrieden machen. Fortschritt sollte nicht am Wirtschaftswachstum gemessen werden, sondern an der Lebensqualität und der Zufriedenheit der Menschen. Da stimme ich Herrn Beavan zu.

Und in noch einer Sache stimme ich ihm zu: Man sollte nicht nur rumsitzen und darüber reden, warten, bis die Politik vielleicht irgendwann mal eingreift, bevor wir die Erde zu Grunde gerichtet haben. Man sollte sich auch nicht ständig fragen, ob man als einzelner überhaupt etwas ausrichten kann:
"Irgendwann kapiert man, dass man einfach nicht wissen kann, ob man es schafft, irgendetwas in dieser Welt zu verändern. Und schließlich landet man bei der einfachen Frage [...]. Will man jemand sein, der es versucht hat, oder nicht?"
Ich hab mich auf jeden Fall gestern schon gefreut, dass mein Bäckerbesuch ohne Papierserviette oder Papiertüte abgelaufen ist (neben Cornflakes- und Müsli-Packungen machen Brottüten vermutlich den größten Teil unseres Papiermülls aus, auf den ich in Zukunft gern verzichten möchte). Ich werde jetzt sicherlich nicht auf die Idee kommen, morgen meinen Strom abzustellen und in Zukunft meine Wäsche per Hand zu waschen (auch das hat Herr Beavan zu Ende seines Projekts gemacht), aber ich werde sehen, was sich sonst so machen lässt.
Ich fand das Buch jedenfalls sehr erfrischend geschrieben und auch sehr inspirierend, denn es lässt einen nicht, wie so viele andere Berichte oder Reportagen zum Thema, hinterher verwirrter zurück, als man vorher war, ohne zu wissen, was man selbst ausrichten könne, oder was der richtige Weg sei. Es ermutigt einen vielmehr, es selbst mal auszuprobieren, denn ein klimaneutrales Leben ist nicht gleichzusetzen mit Verzicht, Askese und Beschwerlichkeiten, sondern kann durchaus spaßig und abenteuerlich sein.

Zusatz:
Einziger Nachteil an Bibliotheksbüchern: Man kann sich nichts anstreichen. Sonst hätte ich mit noch viel mehr Zitaten um mich geworfen, denn Herr Beavan hat sehr viele Dinge sehr schön formuliert, die ich so schon immer mal loswerden wollte... Jetzt finde ich sie alle nicht mehr wieder...

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