Der breite Weg führt am Riu Segre entlang. Ich liebe Wanderungen entlang von Flüssen und Bächen! An den in Fließrichtung wachsenden Bäumen am Ufer ist abzulesen, dass der Fluss zu anderen Zeiten mehr Wasser führt. Insgesamt sieht auch die Vegetation ziemlich trocken aus, aber das macht nichts, denn wir bestaunen vorrangig auch erst einmal die Felswände, die uns in der Ferne erwarten und denen uns die Wanderung näher bringen wird.
Nach drei Kilometern, auf denen ich alte Olivenbäume bestaune, Schmetterlinge jage und sich der Fluss breit neben uns herschlengelt, ragen auf einmal die beeindruckenden Felswände vor uns auf und zwingen den Fluss in eine schmale Schlucht - die Congost de Mu.
Und auch unser breiter Wanderweg weicht erst schmalen Stegen, die über das Wasser um den Felsen herumführen, um sich dann wie ein Ziegenpfad an den Abhängen entlangzuschlengeln, immer höher hinauf über den Fluss, sodass wir ihn manchmal kaum noch sehen in seinem tiefen Bett.
Hinter jeder Biegung sehen wir neue, beeindruckende Felsformationen und steile Abhänge, die durch die karge Vegetation noch imposanter wirken. Gespannt sind wir auf die Hängebrücke, die am Ende der Schlucht auf uns warten soll, doch wegen der vielen Einschnitte, denen der Wanderweg folgen muss, zieht sich der Weg in die Länge und auch die erst so angenehme Frühlingssonne verwandelt sich in dieser windstillen Schlucht in eine heiße Hochsommersonne.
Als wir etwa drei Kilometern nach Beginn der Schlucht endlich die Hängebrücke ausmachen können und gleichzeitig auch tief unter uns den Wanderweg, stellt sich uns die Frage, wie der Weg dort so schnell hinunterkommen wird.
Wenige Meter weiter bekommen wir die Antwort in Form steil herabführender Serpentinen serviert. Den zwei Wanderern, die uns entgegenkommen, scheint es gar nichts auszumachen, dass sie diese in die anstrengendere Richtung - also hinauf - wandern müssen. Den Gedanken, dass auch uns das erwartet, da uns der gleiche Weg wieder aus der Schlucht herausführen wird, den wir gekommen sind, mag ich im Moment noch nicht zulassen!
Endlich erreichen wir die Hängebrücke - Ziel und Umkehrpunkt unserer Wanderung. Eigentlich ist sie ziemlich unspektakulär, so knapp über der Wasseroberfläche baumelnd. Leider lädt uns auch kein Rastplatz oder Bänkchen zum Verweilen ein; am Ende setzen wir uns für die Mittagsrast an eine Wegkreuzung, wo wir noch einem Wanderer begegnen. Viel los ist hier um diese Jahreszeit wirklich noch nicht.
Auf einem Steg, der direkt über dem Fluss an die Felswand gebaut wurde, gehe ich noch ein Stück weiter am Fluss entlang, doch dort wird die Ruhe dieser entlegenen Schlucht, die ich so lange genießen konnte, durch ein Wasserkraftwerk gestört, also gehe ich zurück und wir machen uns auf den Rückweg.Sicher kennt ihr auch dieses Gefühl, wenn man einen Weg, den man schon einmal entlanggegangen oder -gefahren ist, in entgegengesetzter Richtung zurücklegt. Ihr denkt, dort noch nie gewesen zu sein, weil alles so anders aussieht. Und auch die Schlucht Congost de Mu war auf dem Rückweg mindestens noch einmal genauso sehenswert. Nicht zuletzt wegen der vielen Schmetterlinge. Vielleicht waren es Mittelmeer-Zitronenfalter. Ein Foto ist mir leider nicht gelungen. Da wären wir sicher bis heute noch nicht wieder aus der Schlucht herausgekommen.
Kurz bevor wir wieder in Alos de Balaguer ankommen, machen wir noch einmal eine Pause auf einem Rastplatz am Flussufer und genießen die Sonne. Dann machen wir uns auf nach Artesa de Segre, einem etwas größeren Ort in der Nähe, wo wir ein Hotelzimmer gebucht haben.
| Blick auf Artesa de Segre |
Der Kellner, der zu unserem Glück gut Englisch spricht, lädt uns ein, später am Abend unten im Restaurant zu essen, aber erst einmal brauchen wir eine Dusche. Und ich zeige ja sonst keine Bilder von Unterkunft und/oder Essen, wenn sie nicht wirklich sehr sehenswert sind, aber in diese Kategorie fällt das hier auf jeden Fall. So viel beige-braunen Blumen-Charme hätten wir so weit weg von der Heimat nicht erwartet :-)
Das Zimmer ist aber wirklich herrlich, weil gleich davor eine große Terasse ist, auf die die Sonne scheint, und ich im Sonnenschein sitzen und lesen kann, während Zirkusmusik herüberschallt und die Sonne langsam hinter den Bergen untergeht.
An spanische Essenszeiten haben wir uns immer noch nicht gewöhnt, daher fällt es zusehens schwer, bis um neun durchzuhalten. Fast schon zu faul, noch zu gehen, treibt uns der Hunger dann aber doch hinunter. Zum Glück, denn so kommen wir in den Genuss einiger katalanischer Spezialitäten wie Crema Catalana, Pa amb tomàquet und einer sehr spezielle Suppe, deren Namen ich leider vergessen habe, an die sich Daniel aber sicher noch lange erinnern wird ;-)
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